Mittwoch, 3. August 2011

Grausamkeiten des Christentums auf dem Weg zu einer absolutistischen Religion



Die Ermordung der Wissenschaftlerin Hypatia in Alexandria ist ein Schlüssel-Ereignis eines Kampfes neuer Religionen gegen die griechische Antike und anderer vorchristlicher Kulturen. Die moderne christliche Wissenschaft verfälscht das Bild, um ihre Axiome zu retten und niemals in Frage zu stellen. Wie sah Hypatia aus und wie alt war sie zum Zeitpunkt ihrer Ermordung 415 AD? Gegenwärtige Versuche, sich mit ihr zu identifizieren, scheitern, weil die geistigen Kräfte von damals nicht mehr übertragbar und kaum noch darstellbar sind. Eine etwas kitschige Selbst-Identifikation mit der hoch geachteten und geschätzten Alexandrinischen Philosophin fand ich im Internet, in der Google-Bilder-Suche. Diese Identifikation einer Professorin mit Hypatia, die (kennzeichnend) wohl harmlos gemeint war, ergänzte ich, indem ich leere Rahmen ihrer Selbstdarstellung füllte. Auf diese Weise verstärkten sich Kirsch und Utopie, und eine Persiflage entstand, eine Farbsinfonie, die einen zweiten Blick benötigt und diesen Text, um verstanden zu werden. Das Ergebnis: Die beiden oberen recht ähnlichen von mir hineinmontierten historischen Portraits kommen der optischen Wahrheit des Antlitzes der Hypatia näher als die Professorin Maria Dzielska daselbst, die offenbar katholisch und subjektiv forscht. Das runde unten ist wohl Sappho, die antike griech. Dichterin (um 600 v.Chr.), ein Fresco aus Pompeji.

In der berühmten Bibliothek von Alexandria sammelte sich das antike Wissen von Jahrhunderten, sammelten sich die Schriften griechischer Philosophen und Astronomen und die Essenz auch anderer Völker. Die liebenswerte wie geniale Mathematikerin, Philosophin, Astronomin und Lehrerin Hypatia, die sich in dieser Bibliothek nur der Wissenschaft und Lehre widmete und keinem "Glauben" angehörte, wurde dort 415 AD von Christen oder, wie die polnisch-katholische Historikerin Maria Dzielska meint, von einem sowieso lange Zeit existenten "extrem brutalen" Alexandrinischen Mob grausam ermordet und verbrannt. Die wertvolle Bibliothek wurde von Christen verwüstet. Juden, die dort ein ansehnliches Stadtviertel neben der Bibliothek besiedelt hatten, erlebten Progrome durch Christen und ihre exekutiven Fanatiker (Dzielska verfälschend: "Kämpfe zwischen Juden und Christen", ein anachronistisches Bild).

Die Historikerin Dzielska wiegelt ab und drängt religiöse Motive als Motiv für die Ermordung Hypatias zurück. Es seien das politische Ränkespiel zwischen dem Patriarchen Bischof Kyrill von Alexandria und Orestes, dem kaiserlichen Präfekten, gewesen, dazwischen agierte undefinierbar und motivlos der gewalttätige Mob. Die Historikerin sieht sich selbst im Gewand der Hypatia auf der Seite christlicher Laien und meint, diese sei wahrscheinlich um die 60 gewesen - in ihrem eigenen Alter.

Wenn ich richtig verstehe, will sie den Katholizismus mitsamt ihrem Heiligen und Kirschenvater Kyrill reinwaschen. Er war es nicht, der Mob war es. Ein objektiver Historiker muss aber die großen Strömungen erkennen, die Bedeutung des düsteren Patriarchen Kyrill von Alexandria, eines Vollstreckers des ersten Konzils von Konstantinopel.

Dort war der Arianismus, Gott und Christus keine Wesens-Einheit, zurückgedrängt und die Trinität-Lehre entschieden worden: Es gibt eine Gottheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes bei gleicher Majestät und heiliger Dreifaltigkeit. Inhaltlich wird der (römisch-alexandrinische) Glaube an die Dreieinigkeit Gottes zur verbindlichen Staatsreligion, was davon abweicht, zur Häresie mit den entsprechenden Konsequenzen erklärt, die vorerst zu Verbannungen und Kirchen-Schließungen führten. Die erste Todesstrafe wurde 385 in Trier verhängt. Gleichwohl wurde das Edikt nie aufgehoben, sondern bildete eine Rechtsgrundlage für das im 13. Jahrhundert ins Leben gerufene Amt der Inquisition, die Todesurteile aussprach und gegen das Wort Gottes aus der Heiligen Schrift auftrat. Im Dekret, das Kaiser Theodosius nach dem Konzil von 381 erließ, verkündete er: Alle Außenseiter, die dem trinitarischen Bekenntnis nicht zustimmten, wurden vom Kaiser als Ketzer bezeichnet. Im selben Dekret kündigte er ihnen drakonische Maßnahmen an: „Die Übrigen, wahnwitzig und geistesgestört wie sie sind, sollen die Schmach ihres häretischen Glaubens tragen. Ihre Versammlungsorte sollen nicht Kirchen heißen. Sie sollen vor allem die göttliche Strafe, dann aber auch die Strafe unserer Ungnade erleiden, die wir nach Gottes Willen ihnen erweisen wollen." (Wikipedia)
Zitat: Ein Zeitgenosse von Hypatia, der christliche Historiker SOCRATES SCHOLASTICUS porträtiert sie in seiner Kirchengeschichte, wie folgt: Es gab in Alexandria eine Frau mit Namen Hypatia, Tochter des Philosophen THEON,die in Literatur und Wissenschaft so erfolgreich war, dass sie alle Philosophen ihrer Zeit übertraf. Zugelassen zur Schule PLATONS und PLOTINS hielt sie Vorlesungen über die Grundlagen der Philosophie. Viele Hörer kamen von weither, um von ihr unterrichtet zu werden. Dank ihres souveränen Auftretens und ihrer eleganten Erscheinung, die sie sich als Folge ihrer Geisteskultur angeeignet hatte, erschien sie häufig in der Öffentlichkeit in Gegenwart hoher Staatsbeamter. Sie scheute sich auch nicht, in öffentliche Versammlungen von Männern zu gehen. Alle Männer bewunderten sie dafür auf Grund ihrer außerordentlichen Würde und Tugend umso mehr.
SOCRATES SCHOLASTICUS schreibt im Anschluss wie folgt: "Aber sogar sie fiel dem politischen Neid zum Opfer, der zu jener Zeit herrschte. Denn da sie häufig mit ORESTES Gespräche führte, wurde unter der christlichen Bevölkerung verleumderisch verbreitet, dass sie es sei, die Orestes daran hindere, sich wieder mitdem Bischof [d.h. KYRILL von Alexandria ] zu versöhnen. Daher lauerten ihr einige, die von einem wilden und scheinheiligen Ehrgeiz getrieben wurden, deren Anführer ein Vorleser namens Petros war, auf ihrem Heimweg auf, zogen sie aus ihrer Kutsche, brachten sie in die Kirche namens KAISARION, wo sie sie nackt auszogen und sie dann mit Ziegelsteinen erschlugen. Nachdem sie ihren Körper in Stücke gerissen hatten, brachten sie ihre verstümmelten Glieder zu einem Ort namens KINARON und verbrannten sie dort. Diese Sache brachte eine nicht geringe Schmach,nicht nur über KYRILL, sondern über die ganze Alexandrinische Kirche. Und mit Sicherheit kann nichts weiter vom Geiste des Christentums entfernt sein, als derartige Massaker, Gewalttaten und Misshandlungen zuzulassen! Dies geschah im März, während der Fastenzeit, im vierten Jahr von Kyrills Episkopat, unter dem zehnten Konsulat des HONORIUS, und dem sechsten des THEODOSIUS [d.h. 415 n. Chr.]."
Nach dem Mord an Hypatia verließen viele Gelehrte die Stadt, und Alexandria verlor seine Stellung als ein führendes Zentrum der Bildung und Wissenschaft.
Was die Ursache des Volkszorns war und von wem er geschürt wurde, ist nicht gänzlich geklärt. Nach überwiegender Meinung lag der an Hypatia exemplarisch inszenierten Heidenverfolgung ein schwelender Konflikt zwischen dem weltlichen Stadtoberhaupt ORESTRES und dem später heilig gesprochenen Bischof KYRILL von Alexandria zugrunde. Hypatia lebte zu einer Zeit heftiger Machtkämpfe zwischen den gemäßigten Heiden und Christen in Alexandria auf der einen Seite und fanatischen, fundamentalistischen Christen auf der anderen, welche die endgültige Vernichtung des Heidentums forderten. Im Jahr 391 hatte der Patriarch THEOPHILUS von Alexandria alle heidnischen Tempel zerstören lassen, wie es das Dekret des Kaisers THEODOSIUS von 381 verlangt hatte. Möglicherweise ist dieser Zerstörungsaktion auch das Museion als Tempel der Musen zum Opfer gefallen. Zerstört wurde jedenfalls das SERAPEUM(Tempel und Zweigstelle der großen Bibliothek).
Kyrill von Alexandria setzte also das befohlene Zerstörungs-Werk fort. Hypatia wurde das Opfer, drei Jahre, nachdem Kyrill Patriarch von Alexandria geworden war. Der Beweis: Die sadistischen Schergen hinter diesem "Petros" kannten das Dekret des Theophilus nicht. Wie zu handeln war, musste ihnen von oben, also hier vom Patriarchen Kyrill bedeutet worden sein. Hinzu kommt, dass Kyrill die letzte Vergöttlichung, die noch übrig war, betrieb, nämlich die Gottes-Mutterschaft Mariä. Die weibliche Unbeflecktheit im Glauben wurde das Frauenbild Kyrills. Wer kann so naiv sein zu glauben, dass Hypatia ihm nicht im Wege stand? Es galt zudem, den Rest griechischen Götter-Glaubens zu stürzen und vollends zu vernichten. Sicherlich hat Kyrill auch erfahren, dass Hypatia das ptolemäische geozentrische Weltbild in Zweifel zog. 
Sie entdeckte das heliozentrische System des Aristarchos von Samos erneut aufgrund eigener Forschungen, Messungen und mathematischer Gewissheit. Sie ging sogar weiter und bezog ein, das sich die Sonne zyklisch verkleinerte und vergrößerte. Logischerweise kam sie auf eliptische Umlaufbahnen der Erde und Planeten. Sie war ihrer Zeit weit voraus. Ihre Entdeckungen waren gefährlich, weil die griechischen und römischen Götter ihre Wohnungen verloren und doppelt gefährlich, weil das junge radikale Christentum, das gegen Rom gerichtet war, auf eine geozentrische Schöpfung eingeschworen war. Ihr Forschungs-Ergebnis bedeutete für sie Folter und Verbrennung. Damit nicht genug. Ihr Martyrium für Freiheit, Logik und Wissenschaft wurde später christlich umgedichtet. Daraus entstand sehr wahrscheinlich das Martyrium der Hl. Katharina. Das brutal-radikale mordende Christentum hob an, ihr schließlich noch die Würde ihrer Identität zu nehmen.
Die Arbeit an dieser Kolumne zog sich bis zum 4/August/2011 hin. Entstanden war sie deshalb, weil sich der Massenmörder Anders Breivik und der RAF-Grüner und jetzige Neonazi Horst Mahler auf christliche Werte berufen. Die historischen Umstände dieser Werte waren zu untersuchen.

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